Stand: 06.07.2020. Im Rahmen der Regierungsklausur Mitte Juni 2020 wurden die budgetären Mittel zur Bekämpfung der COVID-19-Krise ein weiteres Mal aufgestockt. Das Plus beträgt zusätzliche 19 Mrd. €, sodass mithilfe von insgesamt rund 50 Mrd. € die österreichische Wirtschaft wieder ins Rollen gebracht werden soll. Hier erfahren Sie mehr!
Weitere Maßnahmen im Überblick
Von den Maßnahmen her betrachtet sind vor allem die sogenannten „zusätzlichen Rettungskosten“ im Rettungsschirm hervorzuheben. Dieses Maßnahmenbündel und weitere wichtige Schritte sollen nachfolgend überblicksmäßig dargestellt werden:
- Rückwirkende Senkung der Einkommensteuer
- 360 € Kinderbonus pro Kind
- Einmalzahlung für Arbeitslose
- Maßnahmenbündel für Unternehmen
- Größerer zeitlicher Spielraum bei bestehenden Krediten
- Absenkung der Umsatzsteuer auf 5 %
- Entlastung für Land- und Forstwirte
- Ausdehnung der Steuerstundungen bis Mitte Jänner 2021
- Keine Steuernachteile auf Sonderzahlungen bei Kurzarbeit
Die meisten der Maßnahmen sind im sogenannten „Konjunktur-Stärkungsgesetz 2020“ enthalten, welches aktuell im Begutachtungsentwurf vorliegt.
1. Rückwirkende Senkung der Einkommensteuer
Der Einkommensteuersatz für Einkommensteile über 11.000 € soll von 25 % auf 20 % abgesenkt werden und somit zur Steuerentlastung beitragen. Diese Maßnahme – es handelt sich dabei um das Vorziehen der Lohnsteuerreform – soll rückwirkend ab 1. Jänner 2020 gelten und auch dazu beitragen, den Konsum wieder anzukurbeln. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass der Vorteil aus der Steuersenkung ihren Angestellten mittels Aufrollung bis Ende September 2020 zukommt. Wer aufgrund seines geringen Einkommens keine Steuern zahlt, soll in Form einer Sozialversicherungsgutschrift eine zusätzliche Negativsteuer von 100 € erhalten (der SV-Bonus im Rahmen der SV-Rückerstattung beträgt also maximal 400 € anstelle von 300 €). Auf der anderen Seite des progressiven Einkommensteuertarifs soll der Spitzensteuersatz von 55 % für Einkommen ab 1 Mio. € bis zum Jahr 2025 (anstelle 2020) beibehalten werden.
2. 360 € Kinderbonus pro Kind
Zur Unterstützung von Familien – etwa bei der Abdeckung von für „Home-Schooling“ oder für den Kauf von neuen Schulsachen angefallenen Kosten – soll ein Kinderbonus von 360 € pro Kind beitragen. Die Auszahlung erfolgt im September gemeinsam mit der Familienbeihilfe. Bereits früher soll der „Kinderzuschuss“ helfen, welcher ab 13. Juli aus dem Familienkrisenfonds ausgezahlt wird. Hierbei beziehen Arbeitslose sowie Notstands- und Sozialhilfebezieher mit Kindern automatisch 100 € pro Kind.
3. Einmalzahlung für Arbeitslose
Anstelle einer generellen Erhöhung des Arbeitslosengeldes soll im September dieses Jahres eine zusätzliche Einmalzahlung an Arbeitslose i.H.v. 450 € erfolgen. Anspruchsberechtigt sind jene Personen, die zwischen Juni und September 2020 mindestens zwei Monate ohne Arbeit waren.
4. Maßnahmenbündel für Unternehmen
Die weiteren Maßnahmen zur Unterstützung der von der Corona-Krise betroffenen Unternehmen sollen eine Investitionsprämie von 14 % enthalten, um die Investitionsbereitschaft der Wirtschaft wieder anzukurbeln. Diese COVID-19-Investitionsprämie kann zwischen Anfang September 2020 und Ende Februar 2021 in Anspruch genommen werden. Gefördert sind materielle und immaterielle Neuinvestitionen ins abnutzbare Anlagevermögen in Österreich. Ausgenommen davon sind klimaschädliche Neuinvestitionen (Stichwort fossile Energieträger), unbebaute Grundstücke, Finanzanlagen, Unternehmensübernahmen und aktivierte Eigenleistungen. Grundsätzlich beträgt die Investitionsprämie 7 % der förderfähigen Kosten – zu einer Verdoppelung auf 14 % kommt es, wenn die Investition i.Z.m. Digitalisierung, Ökologisierung, Gesundheit und Life Science steht. Die Abwicklung der Investitionsprämie soll über die aws erfolgen.
Ein Novum für das österreichische Steuerrecht stellt der geplante Verlustrücktrag dar. Im Detail sollen im Jahr 2020 erzielte Verluste auf Antrag mit Gewinnen aus den Jahren 2019 und 2018 gegengerechnet werden können (höchstens 5 Mio. €). Für Unternehmen kann es dadurch de facto zu einer Steuerrückzahlung aus den letzten zwei Jahren kommen und folglich die Liquidität erhöht werden. Ebenso müssten vermutlich (Teile der) krisenbedingten Steuerstundungen aufgrund des Verlustrücktrags überhaupt nicht mehr zurückgezahlt werden.
Eine Verlängerung des Fixkostenzuschusses (siehe auch KI 05/20) um 6 Monate steht ebenso im Raum. Der Fixkostenzuschuss und das später noch genauer beschriebene „Kreditmoratorium“ sollen auch die Kunst- und Kulturbranche fördern und einen Neustart des Kulturlebens ermöglichen. Darüber hinaus ist noch die Stärkung der Eigenkapitalbasis der österreichischen Unternehmen in Planung – etwa durch steuerliche Begünstigungen oder mittels vom Staat unterstützter Eigenkapitalfonds.
Schließlich soll auch – unbefristet – eine degressive Abschreibungsmöglichkeit auf Investitionen nach dem 30.6.2020 eingeführt werden, wodurch gleich im ersten Jahr bis zu 30 % der Anschaffungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts steuerlich abgeschrieben werden können. Konkret stellt die degressive Abschreibung eine Alternative zur linearen Abschreibung dar. Allerdings sollen einige Wirtschaftsgüter von der degressiven Abschreibungsmöglichkeit ausgeschlossen sein – es handelt sich dabei z.B. um unkörperliche oder gebrauchte Wirtschaftsgüter, Gebäude (hier ist eine beschleunigte lineare Abschreibung geplant), (grundsätzlich) Pkws und Kombis, mit fossiler Energie betriebene Energieerzeugungsanlagen usw. Während ein Wechsel von der degressiven zur linearen Abschreibung möglich ist, ist dies umgekehrt ausgeschlossen. Für nach dem 30. Juni 2020 angeschaffte Gebäude soll eine schnellere Abschreibung möglich sein, indem im ersten Jahr eine „dreifache Abschreibung“ und im zweiten Jahr eine zweifache Abschreibung des Gebäudes steuerlich geltend gemacht werden kann. Bei einem Bürogebäude gilt daher beispielsweise eine AfA von 7,5 % im ersten Jahr und 5 % im zweiten Jahr; danach geht es mit der AfA von 2,5 % weiter. Die Halbjahresabschreibungsregelung soll übrigens bei Gebäuden nicht zur Anwendung kommen.
5. Größerer zeitlicher Spielraum bei bestehenden Krediten
Unternehmen stehen vielfach vor Liquiditätsproblemen, da auch länger bestehende Kredite bedient und rückgeführt werden müssen. Ein Kreditmoratorium soll gerade kleine und mittlere Betriebe unterstützen, indem durch die Umwandlung von Investitionskrediten und bereits bestehenden Krediten in Betriebsmittelkredite fällige Kredite erst viel später zurückgezahlt werden müssen.
6. Absenkung der Umsatzsteuer auf 5 %
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie hier:
7. Entlastung für Land- und Forstwirte
Landwirte sollen rückwirkend ab 1. Jänner 2020 höhere Pensionen bekommen und auch von der Streichung des Solidaritätsbeitrags von 0,5 % profitieren. Ebenso kommt es durch das Angleichen der Krankenversicherungs-Mindestbeitragsgrundlage zu Entlastungen i.H.v. mehreren 100 € pro Jahr. Die für die Buchführungspflicht von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben maßgebliche Umsatzgrenze soll schließlich von 550.000 € auf 700.000 € erhöht werden.
8. Ausdehnung der Steuerstundungen bis Mitte Jänner 2021
Von der Krise betroffene Unternehmen (wie auch die Finanzverwaltung selbst) sollen von administrativen Hürden befreit werden, indem Steuerstundungen automatisch bis zum 15. Jänner 2021 verlängert werden. Konkret hat dies zur Folge, dass die Rückzahlung von Steuern über das Jahr 2020 hinaus verschoben werden kann – neuerliche Antragstellung wie auch Bescheiderlassung sind nicht notwendig.
9. Keine Steuernachteile auf Sonderzahlungen bei Kurzarbeit
Bei der Inanspruchnahme von Kurzarbeit kann es zu einer höheren Besteuerung des „Urlaubs- und Weihnachtsgeldes“ (Sonderzahlungen) kommen. Dies liegt an der recht neuen Regelung, der zufolge alle Teile der Sonderzahlungen, welche das Durchschnittsgehalt („Kontrollsechstel“) übersteigen, am Jahresende zum normalen Steuertarif nachversteuert werden müssen.
Die Kurzarbeitsregelung führt dazu, dass 80 % bis 90 % des ursprünglichen Gehalts bezogen werden, die steuerbegünstigten Sonderzahlungen jedoch von 100 % des ursprünglichen Gehalts bemessen werden. Folglich müsste für jenen Teil des Urlaubs- und Weihnachtgeldes, welcher den durchschnittlichen Lohn des Jahres übersteigt (dies ist aufgrund der Kurzarbeit der Fall), die volle Lohnsteuer anstelle der 6%igen begünstigten Besteuerung bezahlt werden. Die Regierung hat Maßnahmen versprochen, um diesen Nachteil bei Kurzarbeit auszugleichen. Generell trifft die Regelung mit dem Kontrollsechstel all jene, deren Lohn gegen Jahresende stark sinkt, beispielsweise aufgrund von Karenz oder Arbeitslosigkeit – es kommt dann zu einer höheren Besteuerung der Sonderzahlungen.