Coronavirus und Arbeitsrecht: Worauf müssen Arbeitgeber achten?

Stand: 12.03.2020. Das Coronavirus ist in aller Munde und sorgt in der Gesellschaft für große Verunsicherungen. Auch Unternehmen sind betroffen. Welche Rechte und Pflichten ergeben sich für Arbeitgeber und Angestellte? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Arbeitsrecht gibt es in diesem Beitrag.

1.Arbeitgeberpflichten

Ist der Arbeitgeber zu konkreten Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer verpflichtet?

Der Arbeitgeber ist aufgrund seiner Fürsorgepflicht dazu verpflichtet, das Risiko einer Ansteckung von Arbeitnehmern durch präventive Schutzmaßnahmen bestmöglich zu verhindern (z.B. Zurverfügungstellung von Desinfektionsmitteln, Hygienehinweise, Tipps zum Verhalten bei Dienstreisen). Schutzmasken muss der Arbeitgeber allerdings nur in besonderen Fällen (bei erhöhtem Ansteckungsrisiko) zur Verfügung stellen, so z.B. bei Beschäftigungen in Krankenhäusern oder für Dienstreisen in Risikogebiete.

2.Fernbleiben vom Dienst

a. Dürfen Arbeitnehmer aus Angst vor dem Coronavirus zu Hause bleiben?

Arbeitnehmer sind nicht automatisch berechtigt, aus Angst vor einer Ansteckung einfach zu Hause zu bleiben. Ein Fernbleiben von der Arbeit wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ein objektiv nachvollziehbares Risiko besteht, sich bei der Arbeit mit dem Coronavirus anzustecken (z.B. im Falle von bereits erfolgten Ansteckungen im unmittelbaren Arbeitsumfeld des Arbeitnehmers).

b. Was gilt arbeitsrechtlich, wenn Eltern vor dem Problem stehen, keine Betreuung für ihr Kind zu haben?

Arbeitsrechtlich gesehen kann der Wegfall der Kinderbetreuung durch Kindergarten- bzw. Schulschließungen ein Anwendungsfall der Dienstverhinderung aus wichtigen persönlichen Gründen sein (§ 8 Abs. 3 AngG bzw. § 1154b Abs. 5 ABGB). In der betrieblichen Praxis wird hierfür oft auch der Begriff „Sonderurlaub“ verwendet. Betroffene Arbeitnehmer haben demnach Anspruch auf bezahlte Freistellung maximal bis zu einer Woche, wenn zumutbare Alternativen (insbesondere eine Betreuung des Kindes durch andere Angehörige, z.B. den nicht erwerbstätigen anderen Elternteil) trotz aller Bemühungen nicht zur Verfügung stehen. Allerdings: Aus Arbeitgebersicht ist es natürlich schwer, diesbezügliche Angaben der Arbeitnehmer zu überprüfen.

Sollten Schulen und Kindergärten für länger als eine Woche geschlossen werden, so bleiben den betroffenen Eltern für den über eine Woche hinausgehenden Zeitraum, sofern bis dahin keine zumutbare Betreuungsalternative gefunden wird, lediglich die allgemeinen arbeitsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten, wie z.B. Vereinbarung von Urlaubskonsum, Zeitausgleich oder unbezahltem Urlaub.

3.Verweigerung von Auslandsdienstreisen

Haben Arbeitnehmer das Recht, Auslandsdienstreisen – insbesondere nach China – zu verweigern?

Bezüglich Dienstreisen ins Ausland (insbesondere nach China) besteht ein Verweigerungsrecht des Arbeitnehmers dann, wenn durch die Auslandsreise die Gesundheit des Arbeitnehmers mit überdurchschnittlich hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet wird (besonders hohes Ansteckungsrisiko). Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Dienstreise in ein Gebiet erfolgen soll, für das eine Reisewarnung des Außenministeriums besteht.

Anmerkung: Unabhängig von der arbeitsrechtlichen Einschätzung ist den Unternehmen aber natürlich im Sinne eines vertrauensvollen und guten Betriebsklimas zu empfehlen, ehrliche Sorgen von Arbeitnehmern ernst zu nehmen. Es ist daher zu empfehlen, anstatt einer Dienstreise nach China bzw. in andere betroffene Gebiete alternative Möglichkeiten zu nutzen (z.B. Video- oder Telefonkonferenzen).

4.Mundschutz-Verbot per Weisung

Kann der Arbeitgeber Arbeitnehmern, die zur Sicherheit selbst einen Mundschutz anlegen, das Tragen des Mundschutzes am Arbeitsplatz verbieten?

Wenn Arbeitnehmer während der Arbeit in Eigeninitiative einen Mundschutz anlegen, obwohl aufgrund der konkreten Arbeitsumstände keine oder nur eine geringe Ansteckungswahrscheinlichkeit besteht, kann der Arbeitgeber dies untersagen. Dem Arbeitgeber ist ein berechtigtes Interesse daran zuzubilligen, dass Kunden, Lieferanten, Arbeitskollegen etc. nicht durch das „überzogene“ Tragen eines Mundschutzes verunsichert oder gar verschreckt werden.

Gerechtfertigt wäre das Tragen eines Mundschutzes hingegen z.B. bei Reiseleitern oder Flughafenmitarbeitern, die mit chinesischen Reisenden in Kontakt kommen.

5.Behördliche Quarantäne

Was gilt, wenn ein Arbeitnehmer wegen des Verdachts auf eine ansteckende Krankheit (z.B. Coronavirus) durch die Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt) unter Quarantäne gestellt wird und dadurch nicht zum Dienst erscheinen kann?

Das Epidemiegesetz sieht in einem derartigen Fall vor, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Entgelt weiterzahlen muss (§ 32 Epidemiegesetz). Der Bund hat dem Arbeitgeber die an den Arbeitnehmer geleistete Entgeltfortzahlung sowie die darauf entfallenden Dienstgeberanteile zur Sozialversicherung (und einen eventuellen Zuschlag nach dem BUAG) zu ersetzen. Dazu ist binnen sechs Wochen vom Tage der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich die Maßnahmen getroffen wurden, ein entsprechender Antrag zu stellen (§ 33 Epidemiegesetz).

Beachten Sie: Eine Isolation in Quarantäne ist eine reine Vorsichtsmaßnahme und zählt daher arbeitsrechtlich nicht als Krankenstand, sondern als besonderer Dienstverhinderungsgrund (Entgeltfortzahlung nach den Regeln des Epidemiegesetzes ohne spezielle zeitliche Begrenzung). Erst wenn tatsächlich eine Erkrankung festgestellt ist (Krankschreibung), liegt ein Krankenstand vor.

Quelle: Das Vorlagenportal für Arbeitsrecht und Personalverrechnung (2020): Fünf arbeitsrechtliche Fragen zum Coronavirus, online: https://www.vorlagenportal.at/dokumente/fuenf-arbeitsrechtliche-fragen-zum-coronavirus/ (Zugriff: 12.03.2020)

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